Mittwoch, 30. Dezember 2015

Rückblick auf das Jahr 2015

Letzte Jahr im Dezember habe ich diesen Blog gestartet. Viel ist passiert  in diesem Jahr: Erfreuliches und weniger Erfreuliches. Zeiten, in denen ich mich sehr wohl fühlte, und  Zeiten des Haderns, der Wut, der Trauer.

Anfangs Jahr konnte ich noch weiche Speisen und Püriertes essen. Von der gesprochenen Sprache musste ich mich ganz verabschieden. Das war und ist sehr hart. Und ich brauchte Zeit, zu akzeptieren dass ich fortan mich elektronisch ausdrücken muss.

Sehr erfreulich war, dass ich letzten Winter noch genügend Kraft hatte, um mit den Skateing Skis über die Loipen des Goms zu gleiten. Im Januar 2 Wochen und im März nochmals 2 Wochen bei tollsten Bedingungen.

Kaum wieder zu Hause ging es in den Kantonspital St. Gallen, um die Magensonde einzulegen. Ich verschluckte mich immer häufiger und war einerseits froh, mit der Magensonde den Stress des Essen müssen nicht mehr zu haben. Andererseits bedeutete dieser Schritt ein weiterer grosser Abschied.

Kommunikation, Essen und Trinken sind auch eine der Grundlagen des gesellschaftlichen Alltags. Und das wurde mir mit der Krankheit genommen!!!

Ich gewöhnte mich schnell an die Sonde und spürte auch die Erleichterung, vom Druck zu essen befreit zu sein. Wenn nur der Gluscht nicht so immens wäre.

Im Juni nahm ich noch auf Berner Frauenlauf teil, Es war mir eine Herzensangelegenheit, diese 5 Km durch Bern zu Nordic Walen. Und ich hab es geschafft.

Ein weiterer Höhepunkt war unsere Mittelmeer-Kreuzfahrt im Juni. Ich bin so froh, dies gewagt zu haben, trotz dem vielen Gepäck für meine Sondennahrung und Wundpflege. Wir genossen die Woche sehr.

Wir verbrachten  im Sommer jeden Monat einige Tage im Goms, entflohen so der grossen Hitze des Mittellandes.

Auch die Tage in Ascona im Oktober waren so schön, Gutes Hotel, die das Tessiner Ambiente
.
Im Laufe des Herbst stellte ich fest, dass ich Kraft in Armen und Händen verlor. Und dies in relativ kurzer Zeit. Das bedeutet für mich wirklich eine Einschränkung im Alltag. Ich brauche nun bei so Vielem die Unterstützung. Glücklicherweise gelingt es mir immer besser um Hilfe zu bitten. Ich bin so froh, dass Peter dies alles so toll macht.

Seit einigen Wochen lässt die Kraft auch in den Oberschenkeln, das macht mir schon zu schaffen. So schreitet die Krankheit voran - unerbittlich.

Der Alltag wurde im Verlauf des Jahres immer strukturierter durch Therapien, Medikamente und Nahrung sondieren, üben mit Cough Assist und TheraBite.

Ausflüge, Konzerte und Besuche und natürlich auch Spaziergänge haben mich durch das Jahr begleitet.

Ich war jetzt grad beim Hausarzt wegen vermehrten Husten und Schleim. Fazit: eine Lungenentzündung. Fieber hab ich keins. Mache jetzt eine ambulante Behandlung mit Antibiotika. Das hätte jetzt nicht noch sein müssen.

Ich bin guten Mutes, dass ich bis in wenigen Tagen mich so weit erhole, dass wir unsere geplanten 10 Tage im Goms verbringen können. Im Moment ist Marco mit Familie und Patrick in der Wohnung und wir gehen anschliessend wenn die Gesundheit es erlaubt.

Ich wünsche allen einen guten "Rutsch" ins 2016.



Ähnliches Foto















Montag, 21. Dezember 2015

Feiertage

Es gibt nur einen Weg zum Glück
und der bedeutet
aufhören mit der Sorge um Dinge,
die jenseits der Grenzen
unseres Einflussvermögens liegen
Epiktet
 
 
 
 
Ich bin an ALS erkrankt. Darauf habe ich keine Einflussnahme. Ich kann jedoch lernen, damit zu leben. Das kann ich beeinflussen. Ich kann liebevoll und wertschätzend mit mir umgehen, trotz aller Einschränkungen,  und Vieles tun und anwenden, was den Alltag erleichtert.
 
Schon bald ist Weihnachten. Für mich passend, auch die vielen angenehmen, schönen und überraschenden Momente, die ich durch die Krankheit erlebe, heute in den Mittelpunkt zu stellen.
 
Das Wichtigste für mich sind die Beziehungen, die Zugewandtheit, die ich erlebe. Die Familie ist zusammengerückt. Die Unterstützung durch Freundinnen, Kolleginnen, Bekannte und Verwandte, tut mir gut. Das heisst auch zusammen lachen und über Alltägliches zu tratschen (geht auch mit Tablet).
 
Ich konnte einige neue Kontakte knüpfen.
 
Entschleunigung und mehr Gelassenheit ist für mich sehr neu. Einen Teil davon, hätte mir früher gut getan, bin ich doch eher durchs Leben gerast, als gegangen.

Das Leben im Hier und Jetzt, jeden Tag für sich nehmen, mit allem, was er bringt, öffnet die Augen für Erfahrungen und Schönheiten des Augenblicks.

Seit der Pubertät war ich eine Kopfwehfrau, litt unter Migräne. Diese ist ganz verschwunden! Warum kann mir niemand sagen! Ich bin einfach sehr froh, dass ich dies nicht auch noch habe.

Ich möchte mich bei allen bedanken,  die mich dieses Jahr unterstützt und begleitet haben. Menschen, die ich schon seit vielen Jahren kennen, und Menschen die ich erst seit kurzem kenne. Für all die Besuche, Mails, WhatsApp, SMS, Karten und Blogkommentare. Dies ist ein grosses und wichtiges Stück Lebensqualität.

Ich wünsche schöne, entschleunigte und erholsame Weihnachtstage. Ich freue mich auf das Zusammensein mit der Familie. Was gibt es Schöneres als die strahlenden Augen der Kinder, wenn die Kerzen und Wunderkerzen brennen am Tannenbaum


 
 
 


Dienstag, 15. Dezember 2015

Ergotherapie

Neu hab ich nun noch Ergotherapie, abwechseln mit Logo. Es ist super, dass ich Physio, Logo und Ergo am selben Ort und immer Donnerstag Nachmittag habe.Sind sehr kompetente und angenehme Therapeutinnen in der Klinik in Schinznach Bad.

In der Ergo erhalte ich nun einige Hilfsmittel, die meinen Alltag erleichtern sollen: Eines um Knöpfe zu öffnen und zu schliessen, Ringe, um Reissverschlüsse besser ziehen zu können, spezielle, elastische Schuhbändel, einen Socken- und Strumpf"Anzieher"

Bis vor kurzem hat ich solche Hilfsmittel immer nur mit wirklich alten Leuten in Verbindung gebracht.

Doch nicht mit mir als Jungseniorin von 65 Jahren!!!

Ich nehme es mehr amüsiert als ärgerlich an - es ist jetzt so.

Alles was mir eine gewisse Selbständigkeit erhält ist gut. Das An- und Ausziehen wird immer mehr zum Fitnessprogramm. Ich hole jedoch erst Unterstützung, wenn es alleine nicht geht. Vor allem Pullis sind schwierig, da die Kraft in den Armen fehlt.

Wir sind für ein paar Tage im Goms. Sonnenschein, blauer Himmel und Schnee. Was will man mehr! Gestern stand ich auf die Langlaufskis, gespannt, ob es vielleicht doch noch möglich ist. Ich merkte sehr schnell, dass mein Körper nicht mehr mitmacht auf den langen Latten. Der Oberkörper kann nicht mehr genügend ausbalancieren. Nach einemheftigen Sturz war es für mich klar: die Langlaufskis bleiben fortan im Keller.

Es bedeutet ein weiterer Abschied. Ich liebte das schnelle Skaten über die Loipe. Wenn ich aus dem Fenster hier direkt auf die Loipe schaue, ist schon etwas Wehmut da. Zum Glück konnten wir es im letzten Winter noch richtig geniessen.

Wir machten statt dessen gestern einen wunderschönen Schnee-Spaziergang bei dem tollen Wetter. Es ist mir jetzt doch viel wohler auf den eigenen Füssen ohne Skis.









Samstag, 5. Dezember 2015

Komplex

Wir sind uns normalerweise nicht bewusst, wie komplex unser Körper funktioniert, so lange dieses Zusammenspiel nicht gestört wird. Fällt etwas aus, wegen Unfall oder Krankheit, merken wir wie alles miteinander verhängt ist, wie viel voneinander abhängt.

In der Logopädie wurde mir klar, wie die Muskeln zusammen spielen, welche wir. zum Schlucken, Essen und Sprechen brauchen. Wenn, wie bei mir, zu Beginn der Krankheit, die Zungenmuskulatur schwächer wird, hat es verschiedene Auswirkungen: Die Laute können z.B. nicht mehr richtig gebildet werden, das Herumschieben des Essens zum Kauen gelingt nicht mehr und das Schlucken wird mühsam. Bis es gar nicht mehr geht.

Vorgestern war ich bei der Augenärztin. Das Resultat: eine neue Brille und ein Kollateralschaden.

Die Brille habe ich heute ausgewählt! Sieht gut aus, freue mich, sie in einigen Tagen abzuholen.

Seit einiger Zeit habe ich immer ein Stechen und Brennen in den Augen. Ich blinzle kaum noch mit den Augen und kann die Augen oft nicht ganz schliessen, wenn ich dies möchte. Auf der andern Seite, wenn ich müde bin, klappen die Augen zu und ich bring sie kaum mehr auf,

Durch den Schwund der Gesichtsmuskulatur ist auch die Augenpartie und die Augenlider betroffen. Die Augenlider arbeiten nicht mehr wie sie sollten, mit der Konsequenz, dass die Augen austrocknen und mir diese Beschwerden machen. Das komplexe System ist gestört.

Die Sehnerven und die Makula sind glücklicherweise intakt.

Ich hoffe das die Salben und Tröpfli helfen. Die neue Brillenkorrektur wird sicher auch entlasten.

Morgen werden wir an einem Junioren-Hallenfussball-Turnier unseren Enkel Lars verbal unterstützen. Er tschutet mit viel Elan. Jetzt  findet er es noch cool, wenn die Grosseltern dabei sind.